Deutsche Slalom-Fahrerinnen mit Luft nach oben

Flachau – Vergleiche mit Ski-Star Mikaela Shiffrin sind absurd, das weiß Jürgen Graller natürlich. Und selbst an den härtesten Rivalinnen der amerikanischen Weltcup-Dominatorin will der deutsche Damen-Bundestrainer seine Schützlinge nicht messen.

Dass die deutschen Slalomfahrerinnen beim Nachtrennen von Flachau schon ihre Siebensachen gepackt und den Hang verlassen hatten, als Shiffrin für ihre nächste Sieg-Show gefeiert wurde, war grundsätzlich also nicht schlimm. Zufrieden verabschiedeten sich Christina Geiger und Co. aber nicht aus Österreich. Sie wissen, dass sie mehr können.

«Da ist sicher noch Luft nach oben», sagte Graller, der im Sommer zum Deutschen Skiverband gekommen war. Seit dem Karriereende von Maria Höfl-Riesch nach Olympia 2014 wurde das Slalom-Team durchgereicht. Graller soll das ändern und wieder in Richtung Spitze arbeiten. Neben Geiger, die in Flachau 14. wurde, haben auch Marina Wallner (15.) und Lena Dürr (Ausfall) ihren Olympia-Startplatz sicher. Immerhin. «Jetzt könnten sie befreit Skifahren und müssen sich keinen Stress machen», meinte Graller. Das aber ist einfacher gesagt als getan.

«Wenn man einmal Siebte ist, dann will man nicht im nächsten Rennen 16. werden. Da erwarte ich schon mehr», sagte Geiger. Wallner hadert seit ein paar Wochen mit ihrer Technik: Ihr fehlt momentan das richtige Gefühl, beim Schwung um das Tor Geschwindigkeit aufzunehmen. Das ist auch eine Kopfsache. «Ich mach mir selber den Druck und will da vorne mitfahren», erklärte sie und räumte ein: «Das Selbstbewusstsein ist momentan leider nicht ganz so bei 100 Prozent.»

Bei Dürr, die mit einem sechsten Platz im November in Levi hervorragend in die Saison gestartet war, sieht es aktuell ähnlich aus. Zu allem Überfluss war sie zuletzt noch krankheitsgeschwächt.

Trainer Graller glaubt, dass alle drei Sportlerinnen das Potenzial für die Startgruppe der besten 15 haben – aktuell sind Geiger und Dürr drin, Wallner rangiert an der Grenze. Der Österreicher wünscht dem Trio ein befreiteres Renn-Gefühl ohne Grübeln und Hadern. «Ich sage den Mädels immer: Habt’s eine Gaudi, lacht’s, seit’s froh, dass so viele Leute hier sind und fahrt’s runter», erzählte er in Flachau.

Slalom-Platzierungen in den Top Ten – wie in der Saison bereits viermal erreicht – sind bereits gute Erfolge für den DSV. Niemand erwartet Podiumsränge, wie Graller einräumte und mit Verweis auf die enteilte Spitze vorrechnete: «Im Slalom gibt es die ersten Vier, die fahren in einer eigenen Liga, das muss man neidlos anerkennen. Die Fünfte wackelt ein bisschen, aber wenn sie alle sieben Zwetschgen beisammen hat, ist auch die top. Und danach ist das Spiel offen.»

Zur Erklärung: Die Top Vier sind Seriensiegerin Shiffrin mit ihren nun schon 30 Slalom-Erfolgen, die in Flachau drittplatzierte Frida Hansdotter aus Schweden sowie die zwei überraschend ausgeschiedenen Petra Vlhova aus der Slowakei und Wendy Holdener aus der Schweiz.

Nummer fünf ist für Graller die Österreicherin Bernadette Schild, die als Führende nach dem ersten Durchgang überzeugte und nach Shiffrins famosem Finallauf Platz zwei sicherte. «Sie wusste genau, wie sie fahren musste, um auf das Podium zu kommen», sagte Shiffrin. «Das ist schwierig und bedeutet, dass sie auch weiß, wie man gewinnt.» Von solchen Einschätzungen sind die deutschen Starterinnen weit entfernt.

Fotocredits: Expa/Erich Spiess
(dpa)

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