Neureuther als Papa zum Saisonstart nach Sölden

Sölden – Weltcup-Start hin, Olympia-Winter her – auch in Sölden wird Felix Neureuther oft und gerne an Matilda und Miriam denken. «Die Gedanken gehen schon nach Hause», berichtet Deutschlands bester Skirennfahrer über die noch ungewohnte Rolle als Familienvater.

Seit dem 14. Oktober sind die Biathletin Miriam Gössner und Neureuther Eltern einer Tochter. «Den Moment werde ich in meinem Leben niemals vergessen. Das ist das Größte, was einem widerfahren kann. So eine Geburt, das ist Wahnsinn. Das ist ein Wunder», erzählt Neureuther. «Es hat mich jetzt schon zu einem anderen Menschen gemacht.»

Wenn der 33-Jährige auf dem Rettenbachgletscher als einer der ersten acht Fahrer des Premieren-Riesenslaloms der Saison ins Starthaus gleitet, gönnt er sich vielleicht noch einen Gedanken an seine kleine Familie. Spätestens, wenn er die Skistöcke gegen 10.00 Uhr aber über die Startstange setzt, liegt sein voller Fokus auf dem Rennhang vor ihm. Dann kommen das Kopfnicken und ein «Come on, baby» als Eigenmotivation zur vollen Attacke. «Das ist für mich das Signal: Alles klar Junge, jetzt musst du funktionieren.»

Sölden ist wie jedes Jahr ein wichtiger Test für die besten Skirennfahrer der Welt. Der Slalom in Levi folgt zwei Wochen danach, erst Ende November beginnt der normale Rhythmus mit Wettkämpfen an jedem Wochenende. «Nervosität ist natürlich vorhanden. Das ist ja auch gut so», sagt Neureuther über die – sportlichen – Emotionen in den Tagen vor dem Saisonstart im Ötztal.

Der ganze Trubel und die vielen Termine sind für ihn längst Routine, auch wenn kaum ein Konkurrent so sehr nachgefragt ist wie er. «Er ist eine Größe in diesem Sport. Als Sportler und als Mensch», sagt der deutsche Alpinchef Wolfgang Maier.

Aber im Riesenslalom gibt es bei den Herren neue Ski, niemand weiß vor dem ersten Rennen so recht, wo er steht. Nach anfänglichen Schwierigkeiten sieht sich Neureuther inzwischen auf einem guten Weg. «Da muss man gnadenlos fahren, auch mit viel Krafteinsatz», sagt er. «Ich komme jetzt besser mit den Skiern zurecht. Aber es gibt schon Jungs, die da im Moment definitiv sehr viel schneller sind.»

Tiefstapeln ist Teil seiner persönlichen Sölden-Strategie. «Ich bin die letzten Jahre immer besser gefahren, wenn ich mit der niedrigsten Erwartung hingekommen bin und mich selbst überraschen konnte.» Vor zwölf Monaten ist ihm das nach Jahren mit Pleiten, Pech und Pannen zum Auftakt das erste Mal richtig gut gelungen – er wurde Dritter.

Ein ähnliches Resultat wäre ein super Start in den Winter mit den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang im Februar als Höhepunkt. Doch gerade als Vater verspürt der Sohn von Doppel-Olympiasiegerin Rosi Mittermaier noch überhaupt keine Vorfreude auf die Reise nach Südkorea und seine wohl letzte Chance, neben drei Einzelmedaillen bei Weltmeisterschaften auch noch eine Olympia-Auszeichnung zu gewinnen.

Im Gegenteil. Zu sehr beschäftigt ihn die Sicherheitslage in dem Ort, der nur 80 Kilometer von der Grenze zu Nordkorea entfernt liegt. Einem Land, das sich mit den USA streitet und zuletzt regelmäßig Raketentests absolvierte.

Als einer der wenigen Wintersportler aus Deutschland hat sich Neureuther klar positioniert. Antreten auf Teufel komm‘ raus – dafür ist der Bayer nicht zu haben. Zu wichtig sind ihm die eigene Gesundheit und die Zukunft mit seinen beiden Mädels. Über seine gute Laune am Sonntagabend nach dem ersten Saisonrennen macht er sich deswegen auch überhaupt keine Sorgen – ganz egal, auf welchem Platz er in Österreich gelandet ist: «Ich steig sowieso glücklich und zufrieden ins Auto, weil ich nach Hause zu Miri und meiner Tochter fahren darf.» Nach Garmisch-Partenkirchen sind es keine zwei Stunden.

Fotocredits: Kerstin Joensson
(dpa)

(dpa)